Für den Rheinland-Pfalz-Takt darf ich in diesem Jahr mehrere Ausflüge nach Rheinland-Pfalz machen und darüber bei Bonn entdecken berichten. Da ich bisher noch nicht so oft bei unseren Nachbarn im Süden zu Besuch war, ist dies eine gute Gelegenheit, das Bundesland mal ein wenig besser kennenzulernen. Die einzige Bedingung: Die Ausflüge sollen mit dem ÖPNV zu machen sein – kein Problem, da ich eh kein Auto habe und ständig mit Bus und Bahn unterwegs bin!
Vergangenen Samstag fand zum 16. Mal die lange Nacht der Museen in Koblenz statt. Insgesamt 26 Koblenzer Museen, Galerien und Künstlerateliers öffneten bei schönstem Sommerwetter ihre Türen und ermöglichten den Besuchern bis 1 Uhr nachts einen Einblick in ihre aktuellen Ausstellungen. Darüber hinaus gab es zahlreiche Performances, Künstlergespräche und Konzerte in der ganzen Stadt. Zusammen mit einer Freundin habe ich mich am Nachmittag auf den Weg nach Koblenz gemacht, um mit dabei zu sein.
Gegen 17 Uhr kommen wir in Koblenz an und entschließen uns, zunächst einen kleinen Spaziergang durch die Altstadt zu machen. Vorbei am Münzplatz, an der Liebfrauenkirche und der Florinskirche, bahnen wir uns unseren Weg Richtung Mosel. Auf dem Weg legen wir noch einen Zwischenstopp ein, um ein Eis zu essen und wandern dann entlang der Mosel bis zum Deutschen Eck. Erst da bemerken wir, dass dort heute auch ein Street Food Markt stattfindet. Die Atmosphäre ist toll und, bis um 19 Uhr die Nacht der Museen beginnt, können wir uns hier noch schön die Zeit vertreiben.
Skurrile Kunst im Ludwig Museum
Unsere erste Station an diesem Abend ist das Ludwig Museum im Deutschherrenhaus, das direkt am Deutschen Eck liegt. Hier ist zur Zeit eine Ausstellung des isländischen Künstlers Erró zu sehen. In der Ausstellung mit dem Titel Private Utopia werden in erster Linie Werke gezeigt, die sich mit den beiden sich widersprechenden Gesellschaftssystemen von westlichem Kapitalismus und östlichem Kommunismus auseinandersetzen. Dafür nutzt Erró Techniken des Surrealismus und der Pop Art und setzt Protagonisten der Weltpolitik genauso in Szene, wie Figuren aus der Literatur, der Kunstgeschichte oder der Film- und Comicwelt. In den oberen Stockwerken des Museums sind Teile der Sammlung von Peter und Irene Ludwig zu sehen. Heute Abend gibt es außerdem eine Bastelecke für Kinder, Performances verschiedener Künstler sowie Live-Musik. Das Museum ist sehr voll und in den Gängen müssen wir uns das eine oder andere Mal mit Mühe unseren Weg durch die Menschenmenge bahnen – schön für das Museum, aber um die Ausstellung wirklich genießen zu können, ist es doch ein wenig hinderlich.
Mit der Seilbahn über den Rhein
Um anschließend ein bisschen zur Ruhe zu kommen und den Weg zu unserer nächsten Station abzukürzen, entschließen wir uns, das extra Geld zu investieren und uns ein Ticket für die Seilbahn zu kaufen. Mittlerweile ist es schon dunkel geworden und aus der Höhe haben wir einen tollen Blick auf die Lichter der Stadt. Oben angekommen machen wir uns auf den Weg zur Festung Ehrenbreitstein, die ebenfalls schön beleuchtet ist.
Kleine Modelle und große Eiszeit-Tiere
Auf der Festung Ehrenbreitstein sind gleich mehrere Ausstellungen zu sehen. Wir schauen uns die beiden Fotoausstellungen von Markus Redert und Frank Kunert sowie die Eiszeitsafari an. In der Eiszeitsafari wird spannendes Wissen über die letzte Eiszeit in Europa vermittelt. Mehr als 60 Tierrekonstruktionen, Skelette und Präparate sind hier zu sehen und beeindrucken durch ihre realistische Darstellung und Größe nicht nur Kinder. Die umfangreiche Ausstellung von Frank Kunert mit dem Titel Wunderland ist ebenfalls sehr beeindruckend: In wochenlanger Kleinarbeit arbeitet Kunert an Modellen von Häusern, Straßenszenen und Innenräumen und fotografiert sie dann so, dass bei vielen Bildern erst auf den zweiten Blick auffällt, dass die abgebildeten Szenerien nicht echt sind. Mit surrealen Motiven und einem leisen Humor gelingt es ihm so, einen kritischen Blick auf unsere Welt zu werfen. Neben den Fotografien sind ebenfalls einige Modelle zu bewundern. In der Fotoserie Westfront von Markus Redert widmet sich der Fotograf mit ungewöhnlichen Mitteln der ehemaligen Frontlinie des ersten Weltkriegs von den Vogesen bis hin zur Nordsee und sorgt so für einen düsteren und teilweise auch geheimnisvollen Blick auf diese Orte. Natürlich finden an diesem Abend auch viele Führungen durch die einzelnen Ausstellungen statt. Leider sind wir immer zur falschen Zeit vor Ort und schauen uns so alles auf eigene Faust an. Die drei Ausstellungen hinterlassen trotzdem alle einen sehr guten Eindruck und auch die Festung selbst ist einen Besuch wert.
Ein Mitternachts-Snack am Deutschen Eck
Gegen 23 Uhr verlassen wir die Festung Ehrenbreitstein und fahren mit der Seilbahn zurück auf die andere Seite des Rheins. Kurz bevor die Food Trucks Feierabend machen, gönne ich mir auf dem Street Food Markt noch etwas zu essen, dann machen wir uns langsam auf den Weg zurück zum Bahnhof. Um kurz nach Mitternacht fährt die letzte Bahn nach Bonn und so schön es hier auch ist, bis 5 Uhr morgens wollen wir dann doch nicht warten, um wieder nach Hause zu kommen.
Die Ausstellungen Wunderland und Eiszeitsafari sind noch bis zum 30. Oktober auf der Festung Ehrenbreitstein zu sehen. Die Ausstellung von Erró im Museum Ludwig läuft noch bis zum 16. Oktober.
Sarah Larissa Heuser lebt seit 2014 in Bonn und genießt es, ihren neuen Wohnort zu erkunden. Seit 2009 arbeitet sie als freiberufliche Fotografin und beschäftigt sich hauptsächlich mit Porträtfotografie.
In Berlin hat sie außerdem als Bildredakteurin gearbeitet und sich viel mit Themen aus der Gastronomie und Kulturszene beschäftigt. Sie liebt traurige Filme, laute Konzerte und gutes Essen. Auf ihrer Internetseite www.tonlosekunst.de kann man sich ihre Arbeiten ansehen.
Ein Kommentar
Seit vielen Jahren zahlt die „Lange Nacht der Museen“ zu den beliebtesten Kulturveranstaltungen in Koblenz. Was im Jahrbegann, hat sich zu einem einzigartigen Festival entwickelt, das mit unerwarteten Perspektiven unser kulturelles Erbe und die aktuelle Kreativitat in der Stadt erlebbar macht.